Analytische Erfahrungen zum Nachweis von Mykotoxinen im Innenraumbereich.
Grundlage für die Einschätzung von möglichen Gesundheitsgefahren für den Menschen durch z.B. Mikroorganismen, den von ihnen gebildeten Metabolite und anderen chemischen Stoffen ist eine wissenschaftlich fundierte Risikobewertung. Dazu sind Informationen zum Gefahrstoff an sich („hazard analysis“) und zur Exposition (orale oder inhalative Aufnahme) gegenüber dieser Gefahr erforderlich.
Bereits kurze Zeit nach der Entdeckung der Aflatoxine anfangs der 1960er Jahre wurde ersichtlich, dass Mykotoxine Gefahren für die Gesundheit von Tier und Mensch darstellen, mit der Aufnahme das Risiko von gesundheitlichen Schäden verbunden sein kann und aus vorsorglichen Gründen daher Expositionen vermieden oder zumindest so weit als möglich zu reduzieren sind.
Aufgrund der im Rahmen von Risikobewertungen in Tierversuchen ermittelten toxischen Effekte von Mykotoxinen und auf Basis von Expositionsstudien zum Vorkommen und Verzehr von Lebensmitteln, wurden schließlich weltweit Höchstmengen für eine Reihe von Mykotoxinen in bestimmten Lebensmitteln erlassen. Damit soll die orale Exposition gegenüber diesen Toxinen so weit als möglich gesenkt und Gesundheitsrisiken minimiert werden. Es besteht seit Jahrzehnten also Konsens darüber, dass es sich bei Mykotoxinen um Gefahren handelt, deren Aufnahme im Sinne des gesundheitlichen Schutzes zu vermeiden ist und zu diesem Zweck prophylaktische Maßnahmen wie Kontrolle definierter Lebensmittel durchzuführen sind.
Während diese Aspekte des vorbeugenden Gesundheitsschutzes für den Lebensmittelbereich außerhalb jeglicher Diskussion stehen, wird der Mykotoxinproblematik im Zusammenhang mit Gesundheitsgefährdungen in wassergeschädigten und mit toxinogenen Schimmelpilzen exponierten Innenräumen nur eine marginale Bedeutung zugemessen. Ein Grund dafür sind bislang fehlende, systematische Expositionsstudien. Das derzeitige analytische Vorgehen beschränkt sich in der Regel lediglich auf den qualitativen/quantitativen Nachweis von Mikromyceten ohne dass möglicherweise gebildete Mykotoxine Berücksichtigung finden. Befunde der mykologischen Diagnostik erlauben keinen Rückschluss auf die Präsenz von Mykotoxinen im beprobten Umfeld.
Zudem ist seit langem bekannt, dass die inhalative Aufnahme von Mykotoxinen weitaus problematischer ist als die orale Exposition (1, 6, 7). Weitestgehend ungeachtet ist auch die Tatsache, dass bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten in exponierten Umgebungen (unabhängig vom Vorkommen etwaiger toxinogener Mikromyceten) auch Mykotoxine sowohl in Materialproben wie Gipskartonplatten, Holz, Textilien als auch in Stäuben und Luftfiltern nachgewiesen wurden (2, 3, 4, 8, 9) – darunter die hochtoxischen, von toxinogenen Stachybotrys chartarum-Isolaten gebildeten makrozyklischen Trichothecene (u.a. Satratoxine, Roridine).
Für den direkten Mykotoxinnachweis können methodisch HPLC, LC-MS/MS, Immunoassays und Biologische Verfahren (Effect Based Bioassays) eingesetzt werden, die unterschiedliche Informationen liefern und verschiedene Vor- und Nachteile aufweisen (2, 3, 4, 5, 9). Um eine aerogene Exposition zu dokumentieren, sind Analysen von Materialproben weniger geeignet und vielmehr Analysen von Stäuben und Luftfiltern durchzuführen.
Anhand einer Reihe von experimentellen Untersuchungen und Erfahrungen lässt sich schlussfolgern, dass insbesondere Luftfilter eine geeignete Probenmatrix darstellen, da sowohl die Probennahme als auch die Matrix zu standardisieren ist. Neben der mykologischen Diagnostik können Rohextrakte der Filter für Zytotoxizitätsteste (3, 4, 8, 9) und parallel dazu entsprechende Probenaliquote für den konkreten Mykotoxinnachweis (Target-Mykotoxine) durch LC-MS/MS als Methode der Wahl verwendet werden (2, 3, 5, 6).
Im Beitrag werden grundsätzliche Aspekte zur Risikobewertung und Erfahrungen zur Mykotoxinanalytik von Materialien aus dem Innenraumbereich widergegeben und die aktuelle bioanalytische Vorgehensweise zur Bestimmung toxischer Metabolite in wassergeschädigten und mit Schimmelpilzen belasteten Innenräumen vorgestellt. Dabei geht es in Analogie zum Lebensmittelbereich, dem gesundheitlichen Verbraucherschutz und der Risikobewertung nicht um die bereits beantwortete Frage, ob Mykotoxine „Gefahren“ darstellen, sondern konkret darum, ob eine Exposition belegt werden kann.
Literatur (Auswahl)
(1) Creasia DA, Thurman JD, Jones LJ, Neally ML, York CG, Wannemacher RW, Burnner DL, 1987: Acute inhalation toxicity of of T-2 mycotoxin in mice. Fundam Appl Toxicol 8:230-235
(2) Fromme H, Völkel W, Gareis M, Gottschalk C, 2016: Overall internal exposure to mycotoxins and their occurrence in occupational and residential settings – An overview. Int J Hyg Environ Health 219, 143–165
(3) Gareis M, 1994: Cytotoxicity testing of samples originating from problem building. In: Fungi and Bacteria in Indoor Environments. Eds Johanning E and Yang CS. Saratoga Springs, N.Y., Eastern New York Occupational Health Program. 139-144
(4) Gareis M, Johanning E, Dietrich R, 1999: Mycotoxin cytotoxicity screening of field samples. In: Bioaerosols, Fungi and Mycotoxins: Health Effects, Assessment, Prevention and Control. Ed Johanning E. Eastern New York Occupational and Environmental Health Centre, Albany, NY, USA. Proceedings 3rd International Conference on Fungi, Mycotoxins and B5oaerosls, Saratoga Springs, NY, USA, Sept. 23-25 (1998), 202-213
(5) Gottschalk C, Bauer J, Meyer K, 2006: Determination of macrocyclic trichothecenes in mouldy indoor materials by LC-MS/MS: Mycotoxin Res 22, 189-192
(6) Hintikka E.-L, Nikulin M, 1994: Aerosol Mycotoxins: A Veterinary Experience and Perspective. In: Fungi and Bacteria in Indoor Environments. Eds Johanning E and Yang CS. Saratoga Springs, N.Y., Eastern New York Occupational Health Program., 31-34
(7) Jarvis B, 1994: Mycotoxins in the Air: Keep your Building dry or the Bogeyman will get you. In: Fungi and Bacteria in Indoor Environments. Eds Johanning E and Yang CS. Saratoga Springs, N.Y., Eastern New York Occupational Health Program., 35-44
(8) Johanning E, Landsbergis P, Gareis M, Yang CS, Olmstedt E, 1999: Clinical experience and results of a Sentinel Health Investigation related to indoor fungal exposure. Environ Health Perspect, 107, 3, 489-494
(9) Johanning E, Gareis M, Yang Chin S, Hintikka EL, Nikulin M, Jarvis B, Dietrich R, 1998: Toxicity screening of materials from buildings with fungal indoor air quality problems (Stachybotrys chartarum) Myotoxin Res 14, 60-73