Aktueller Stand der Schimmeldiskussion:
„Was ich nicht sehe, ist nicht“ – so noch immer die Meinung vieler Bauschaffenden, Gutachter und anderer Zeitgenossen. Dass damit verdeckte und (zunächst) nicht sichtbare Schimmelschäden „übersehen“ werden, ist häufig interessensabhängig gewollt. Weitere Schlagworte sind Kompetenzillusion, Komplexitätsreduktion und pseudofaktische Darstellungen, die bei Schimmelschäden eine große Rolle spielen. Beharrlich und regelmäßig werden noch immer subjektive Einschätzungen und persönliche Meinungen über (fehlende?) Zahlen, Daten und Fakten gestellt.
Zukünftige Entwicklung der Schimmelthematik:
Schimmelschäden werden dem Grunde nach immer häufiger von Versicherungen und Gerichten anerkannt, da sich in den letzten Jahren u.a. entsprechende Untersuchungsinstrumentarien mehr und mehr standardisiert haben. Auch kann der Verursacher eines Schadens immer öfter eindeutig benannt werden. Schimmelschäden werden dementsprechend bezüglich Häufigkeit und dem Schadensumfang nach deutlich zunehmen. Schließlich werden absehbar die Schadenssummen bei Schimmelschäden der Höhe nach steigen und vielleicht sogar explodieren.
Vor diesem Hintergrund ist Prävention notwendig, um Häufigkeit und Umfang von Schimmelschäden incl. der sehr hohen Sanierungskosten zu minimieren
- Methoden der Prävention sind u. a. die Integration der Schimmelthematik in die Hochschulausbildung und ganz allgemein in die Fortbildung der Bauschaffenden.
- Ein Feuchtemanagement von der Planung über die Ausführung bis hin zur Nutzung ist zwingend nötig, vergleichbar mit den Arbeiten eines SiGeKo.
- Entwicklung praxisnaher Denk- und Ausführungsmodelle zur Vermeidung von Schimmel in Innenräumen incl. des Einbezugs von Innenraumhygiene beim Bauen, Umbauen und Modernisieren.
1. Die Häufigkeit von Schimmelschäden
1.1. Erste vorsichtige Einschätzung im Jahr 2013
Bereits im Jahr 2013 auf dem 3. Würzburger Schimmelpilz-Forum hat der Autor nachfolgende Zusammenfassung vorgelegt (1):
„Vorübergehende, phasenweise auftretende, ehemalige und/oder aktuell vorliegende Feuchtigkeit ist die Grundlage für Schimmelpilz- und Bakterienwachstum in Gebäuden. Wasser gelangt in den Neubau durch verschiedene Faktoren in unterschiedlicher Menge: Durch Baustoffe und deren Verarbeitung, durch Witterungseinflüsse und durch Wassereinbrüche. Nach der Fertigstellung des Gebäudes kommen Nutzungsbedingte Wassereinträge, Wärmebrücken, Leitungswasserschäden und (standortabhängig) Überschwemmungen als wesentliche Feuchtigkeitsursachen dazu.
Eine relevante Schimmelpilz-/Bakterienbelastung liegt nach Feuchteeinwirkung innerhalb von Tagen bis wenigen Wochen vor. Mit diesem Wissen zusammen mit den aufgezeigten vielfältigen Feuchtigkeitsursachen muss es in der Mehrzahl der Wohnungen und Gebäude zu mikrobiellen Schäden kommen. Aber warum wurde diese Problematik bisher nicht in ihrem vollen Umfang erkannt? Ganz einfach: Weil in Innenräumen noch niemand systematisch mit technisch-wissenschaftlichem Know-How nach verdeckten Schimmelpilz- und Bakterienbelastungen gesucht hat!
Erste Auswertungen von Untersuchungen, Recherchen und Befragungen von Sachkundigen zeigen, dass im Rahmen einer Grobschätzung in mindestens jedem 2. Gebäude in Deutschland Schimmelschäden in Hohlräumen, wie Fußboden- und Dach-/ Deckenkonstruktionen zu erwarten sind.
Welche (wesentlichen) Erkenntnisse liegen bis heute vor?
- Studie von Brasche und Kollegen aus dem Jahr 2003 (2): In ca. 22% von 5.530 deutschen Wohnungen waren sichtbare Schimmel-/Feuchteschäden vorhanden. Regelmäßig sollten diese mit verdeckten Schimmelschäden vergesellschaftet sein.
- Bestandsbauten: „Schimmelpilzsuchtests“ in den Jahren 2004-2011 ergaben in 47 von 60 Gebäuden (78%) Indizien für einen verdeckten, nicht sichtbaren Schimmelpilz-/Bakterienschaden (3). Mit einer Ausnahme bestätigten sich alle Fälle, die mittels Bauteilöffnungen und Materialuntersuchungen überprüft wurden.
- Bei eigenen Untersuchungen in den Jahren 2007-2013 waren in allen beprobten Neubauten (72 Wohn- und Bürogebäude) umfangreiche verdeckte und zunächst nicht sichtbare Schimmelpilz-/ Bakterienschäden nachweisbar (100%).“
In anderem Zusammenhang wurden (mit-)beeinflussende Faktoren für die Häufigkeit von Schimmelschäden aufgezeigt. Umfrageergebnisse unter Fachkundigen, Diskussionen mit und zwischen echten Fachleuten, Einzelfallbeschreibungen, erste Studien und Veröffentlichungen, schnelle Bauweisen (ohne ausreichende Trocknungszeiten), viele Wasserschäden (ca. 1.000.000 je Jahr in Deutschland, häufig nicht fachgerecht saniert), mangelhafte Dämmungen mit raumseitiger Kondensatbildung, Bauabläufe und Praktiken der Bauschaffenden vor Ort (lockerer und unbedachter Umgang mit Wasser, siehe unten), Witterung in Mitteleuropa, gesunder Menschenverstand, …
Diese Faktoren führen in der Summe zur Bekräftigung der Hypothese, dass 50 % des Gebäudebestandes und der Neubauten von Schimmelschäden betroffen sein könnten.
1.2. Aktualisierte Einschätzung im Jahr 2017
4 Jahre später im Jahr 2017 stellt sich die Situation folgendermaßen dar: Weitere Puzzleteile wurden zusammengetragen, die das aufgezeigte Gesamtbild ergänzen.Im Rahmen ihrer Master-Thesis (4) hat Frau Dipl.-Ing. Arch. Eva Foitzik eine Risikoanalyse für Schimmel in Neubauten incl. einer Schadensprävention vorgenommen. Als Hauptrisikofaktoren konnte sie folgende wesentliche Auslöser identifizieren:
- Der lockere und unbedachte Umgang der Bauschaffenden mit Wasser
- Witterungseinflüsse (Regen, niedrige Temperaturen im Winterhalbjahr)
- Wasserfreisetzung im Gebäude durch Trocknungsprozesse von Putzen, Estrichen, Mörtel und Beton
Zusammengenommen sind diese Faktoren allein oder in Kombination im Prinzip auf jeder Baustelle anzutreffen. Das Fazit dieser Studie: Mit geringem Aufwand wäre die Mehrzahl der Schimmelschäden in Neubauten zu vermeiden.
- Fliessestriche werden in flüssigem Zustand in die Gebäude eingebracht. Durch Fixierung der Heizleitungen und durch Beschädigungen incl. unsauberer Arbeiten wird die Trennfolie über der Dämmebene an vielfältigen Stellen durchlöchert, wodurch Feuchtigkeit in die bezüglich Schimmelschäden sensible Dämmebenen gelangt.
- Faserplatten als Befestigungsgrundlage für die Leitungen der Fußbodenheizung wurden in den letzten Jahren verstärkt eingesetzt. Durch den feuchten Einbau des Estrichs saugen sich die Faserplatten voll Wasser und bilden nachfolgend einen Schimmelschaden unter dem Estrich aus. Über die Randfugen am Übergang von Fußboden zu Wand gelangen gasförmige Emissionen oder partikelartige Strukturen mikrobiellen Ursprungs in die Raumluft und belasten die Raumnutzer.
- Dampfsperren und Dampfbremsen müssen sehr sorgfältig geplant, eingebaut und bezüglich Leckagen überprüft werden. Bei Nichtberücksichtigung entstehen größere Schäden, wie dies beispielhaft aufgezeigt wurde in (5).
- In den Jahren 2014, 2015 und 2016 wurde auch durch die Mitarbeiter des Sachverständigen-Instituts peridomus indirekt die im Jahr 2013 aufgestellte Hypothese überprüft, nach der jede 2. Wohnung einen sichtbaren und/ oder verdeckten Schimmelschaden haben könnte. Grundlagen hierfür waren etwa 300 bearbeitete Aufträge zur mikrobiologischen Charakterisierung von Wohnungen, Büros und Gebäuden. Die Beauftragungen erfolgten unter verschiedenen Fragestellungen wie Klärung von Geruchsauffälligkeiten, bestimmungswidriger Wasser- bzw. Feuchteeintrag, möglicher Zusammenhang von gesundheitliche Beschwerden mit der Raumumgebung oder innenraumhygienische Gesichtspunkten. Bei unterschiedlichen Untersuchungstiefen wurden dabei folgende Ergebnisse erhalten:
- In keinem der bearbeiteten Fälle konnte ein relevanter Schimmelschaden ausgeschlossen werden.
- Die überwiegende Mehrzahl der Schäden lag verdeckt und zunächst nicht sichtbar vor in Hohlraumkonstruktionen wie Fußboden- oder Dach-/Deckenaufbauten.
- Die meisten Schimmelschäden wurden erst nach Bauteilöffnungen und Laboruntersuchungen offenkundig.
Aus all diesen Erkenntnissen der vergangenen Jahre wird die im Jahr 2013 aufgestellt Hypothese, wonach jedes 2. Gebäude in Deutschland einen relevanten Schimmelschaden haben könnte, aktuell bestätigt.
Anmerkung für Kritiker dieser Zahlen und Wahrscheinlichkeiten: Meinungen, persönliche Einschätzungen, subjektives Empfinden oder emotionale Befindlichkeiten sind bei einer Diskussion über die Häufigkeit von Schimmelschäden nicht zielführend. Benötigt werden aussagekräftige Zahlenmaterialien, ergänzende Studien und objektivierbare Befunde. Erst dann kann auf fachwissenschaftlicher Ebene (mit-)diskutiert werden.
2. Fallbeispiele
2.1. Wasserschaden in der Fußbodenkonstruktion eines Wohnhauses
Bei einer bestimmungswidrigen Freisetzung von Leitungswasser wurde die Fußbodenkonstruktion im Untergeschoss durchfeuchtet, ohne dass es zu nennenswerten Wasserhochzügen oder sichtbarer Schimmelbildung an Wänden gekommen wäre (Abb. 1). Um den ursprünglichen schadensfreien Zustand wieder herzustellen, war der Ausbau und Neueinbau der Fußbodenkonstruktion notwendig (Abb. 2).
Abb. 1 und 2: Raum vor Erkennen des Schimmelschadens und nach der Beseitigung
2.2. Bauablaufstörung in einem neu errichteten Wohnhaus
Bei einem Neubau kommt es nicht auf den innenraumhygienischen Aspekt an, i. e. wie viele Sporen zum Untersuchungszeitpunkt in der Raumluft vorliegen. Alleine ausschlaggebend sind (vorbehaltlich einer juristischen Prüfung) die Grundlagen des Werkvertragsrechts, womit (vereinfacht ausgedrückt) ein Haus ohne Schimmel bestellt und eines mit Schimmel geliefert wurde (Abb. 3, mit Schimmel belastete Hohlräume). Wenn der ursprünglich „schimmelfreie“ Zustand in dem Gebäude wieder erreicht werden soll, sind alle mit Schimmelpilzen oder Bakterien belasteten Bauteile bzw. alle Bauteile (in denen keine Hintergrundkonzentrationen vorliegen) durch „schimmelfreies“ Material zu ersetzen. So sind typischerweise Hohlraumkonstruktionen wie Ständerwände, Vorwand- und Fußbodenkonstruktionen auszutauschen (Abb. 4).
2.3. Verdeckter Schimmel in der Fußbodenkonstruktion einer Wohnung eines Mehrfamilienwohnhauses mit ca. 15 Wohnungen
In ihrer neuen und sehr hochwertig eingerichteten Eigentumswohnung (Abb. 14) klagten die Raumnutzer einige Zeit nach dem Einzug über gesundheitliche Beschwerden wie asthmatische Erkrankung. Nach ersten Hinweisen war ein flächiger verdeckter Schimmelschaden in der Fußbodenkonstruktion aller Räume der Wohnung belegt. Sichtbare Schimmelschäden lagen nicht vor.
Unklar blieb die Feuchteursache als Grundlage für die mikrobielle Aktivität. Nach einigen Ausschlussdiagnosen (wie z. B. keine bestimmungswidrige Wasserfreisetzung in der Wohnung und in benachbarten Wohnungen) führten Recherchen zur Klärung des Sachverhaltes: Der Bodenleger weigerte sich auf den nicht belegreifen (sprich zu feuchten) Estrich sein Holzparkett zu verlegen. Daraufhin wurde – nicht nur in dieser Wohnung – auf die Estrichoberfläche ein Sperrgrund aufgebracht und der Bodenbelag verarbeitet.
Das noch immer im Estrich vorliegende Wasser konnte im Rahmen der Trocknungsvorgänge somit nur noch nach unten in die Dämmebene der Fußbodenkonstruktion entweichen. Irgendwann war dann die Dämmebene soweit aufgefeuchtet, um den nachgewiesenen Schimmelschaden zu verursachen. Parallel mit dem zunehmenden Wachstum von Mikroorganismen stellten sich Krankheitssymptome bei den Raumnutzern ein. Eine umfangreiche Sanierung war die Folge (Abb. 15).
Abb. 14 und 15: Monate nach Herstellung und Bezug der Wohnung wurde ein Schimmelschaden in der Fußbodenkonstruktion nachgewiesen, der zu einer umfangreichen Sanierung der gesamten Wohnung führte
Da der Schaden in der Gewährleistungsphase der Immobilie erkannt, belegt und zugeordnet werden konnte, wurde konsequenterweise der Bauträger in die Haftung genommen. Während der Sanierung der Wohnung meldete der Bauträger Insolvenz an, was unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten für die Gesamtsituation einen gravierenden Einschnitt bedeutete.
Zusammenfassend führt dieser Fall zu mehreren Erkenntnissen:
- Ein Schimmelschaden ist nicht nur schlimm für Betroffene, sondern kostet einem Unternehmen auch viel Geld und kann im Extremfell zu dessen Auflösung führen.
- Wegen der bei Schimmelschäden oft äußerst hohen Schadenssummen sollte (möglichst bereits bei der Vergabe) die Versicherung des Unternehmens geprüft bzw. dessen Solvenz geklärt werden.
- Im konkreten Fall wird die Eigentümergemeinschaft für die im Gemeinschaftseigentum befindlichen (und bis zur Insolvenz noch nicht sanierten) Schäden an der Fußbodenkonstruktion aufkommen müssen.
2.4. Bauablaufstörungen in einem 6-Familienwohnhaus
Sichtbare Schimmelschäden im Dachstuhl gingen mit verdeckten und zunächst nicht sichtbaren Schäden in Hohlraumkonstruktionen von Decken, Wänden und Fußböden einher. Konsequenterweise wurde der Restausbau gestoppt. Die versicherungsrechtliche Klärung der Feuchtigkeitsursache ergab ein Bauen ohne Rücksichtnahme auf notwendige Trocknungszeiten und Restfeuchte. Innerhalb von ca. 2 Jahren wurden die Schäden versicherungsrechtlich abgearbeitet und beseitigt. Die Bilder 5, 7 und 9 zeigen mit Schimmelschäden belastete Bauteile vor und nach Bauteilöffnungen. Die Bildserie 6, 8 und 10 zeigt die Bauteile nach der fachgerechten Beseitigung der Schäden.
Vor Sanierung
Nach der Sanierung
2.5. Wasserschäden in Fußbodenkonstruktionen eines Bürogebäudes
Mit einem Wassereintrag von außen in das Untergeschoss und nachfolgenden Wasserhochzügen in einem lokal begrenzten Bereich fing alles vergleichsweise harmlos an. Im Rahmen der mikrobiologischen Bestandsaufnahme zur Klärung des Umfanges und des Ausmaßes auch verdeckter, nicht sichtbarer Schimmelschäden waren in allen 4 Geschossen auf jeweils ca. 1.200 m² Geschossfläche mikrobielle Belastungen erkennbar (siehe Abb. 11, 12). An einigen Stellen in der Dämmebene der Fußbodenkonstruktion des wenige Jahre alten Gebäudes hatte sich bereits ein (mikro-)biologisches „Ökosystem“ etabliert: Neben Staubläusen und Silberfischen kamen auch Hundertfüßer vor, die sich als Räuber von vorgenannten Tieren ernähren.
Bei der Schimmelsanierung erfolgte eine begleitenden „Spurensicherung“ zur Klärung aller Feuchteursachen: Neben dem zunächst vermuteten ausschließlichen Wassereintrag von Außen in das Untergeschoss waren Leitungswasserschäden vorhanden, die Außenfassade war undicht und das Dach hatte Leckagen und bauphysikalische Mängel in der Dämmebene, was jeweils zu Wassereinträgen in das Gebäude und zu nachfolgenden Schimmelschäden führte. Bei mehreren und sich u. U. überlappenden Feuchteeinträgen war die Zuordnung zu einem Schadenverursacher nicht immer leicht.
Unabhängig davon wurden an dem Gebäude zusätzliche Probleme erkannt, u. a. beim Brandschutz, bei der Fassadengestaltung und der Statik. Diese zu Beginn der Schimmelsanierung nicht erkennbaren Mängel mussten dementsprechend mitberücksichtigt und aufgearbeitet werden. Das Ergebnis waren jahrelange juristischen Auseinandersetzungen und ein mehr oder weniger vollständiger Rückbau des in Nutzung befindlichen Gebäudes auf den Rohbauzustand (Abb. 13).
Das Fazit (nicht nur) aus diesem Projekt:
- Schimmelschäden werden häufig nicht vollständig erkannt und saniert.
- Pfusch am Bau ist weit verbreitet.
3. Kosten für fachgerechte Schimmelsanierung anhand von 10 Beispielen
Die nachfolgenden Beispiele wurden in den letzten Jahren von Sachverständigen und Mitarbeitern des Instituts peridomus zusammen mit einem Netzwerk an Experten bearbeitet. Es ist eine kleine Auswahl aus vielzähligen und vielfältigen Projektarbeiten. Die Zahlen wurden von beteiligten Architekten, Bausachverständigen, beauftragten (Sanierungs-) Unternehmen oder Rechtsanwälten zur Verfügung gestellt. Die in der Spalte „Gebäude“ eingetragenen Nummern beziehen sich auf die obigen Beispielkapitel.
Gebäude (obige Kapitel) | Schadensursache(n) | Kosten in € (Grobschätzung) | Anmerkungen |
Einfamilienwohnhaus, bewohnt (3.1) | Wasserschaden im Untergeschoss | 30.000 | Fußbodenkonstruktion wurde erneuert |
Neues Wohnhaus, nicht bezogen (3.2) | Bauablaufstörungen beim Neubau | 80.000 | Dach und die Fußbodenkonstruktionen in allen 3 Geschossen erneuert |
Eine Wohnung in Mehrfamilienwohnhaus (3.3) | Bauablaufstörung, bei Errichtung | 100.000 + Insolvenz des Bauträgers | Alle Fußbodenkonstruktionen in einer Wohnung erneuert, mehrere/viele Wohnungen betroffen |
Einfamilienwohnhaus, gut ausgestattet |
Wasserschaden, Bauablaufstörung, Undichtigkeiten | 150.000 | Alle Fußbodenkonstruktionen wurden erneuert |
Einfamilienwohnhaus, gut ausgestattet | Wasserschaden in 2 Geschossen | 180.000 | Betroffene Fußbodenkonstruktionen wurden erneuert |
6-Familienwohnhaus, nicht bezogen (3.4) | Bauablaufstörungen beim Neubau | 400.000 | Dach und alle Fußbodenkonstruktionen wurden erneuert |
Fortbildungszentrum (3.5) | Wasserschäden im Untergeschoss, dann in weiteren Geschossen | ≈1.200.000 | Schimmel war nur der Aufhänger: Brandschutz, Statik, Fassade, … waren mangelhaft, Gesamtschaden: 6.000.000 |
Bürokomplex | Verschiedenartige Wassereinträge in Untergeschoss | >2.000.000 | Trotz jahrelangen Suchens nicht alle Feuchtigkeitsursachen eindeutig geklärt – deshalb Spurensuche beim Rückbau |
Schulgebäude | Energetisch saniert ohne vorherige mikrobiologische Bestandsaufnahme | 6.000.000 | Kosten incl. der energetischen Sanierung: 12.000.000. Angabe des Sachaufwandträgers: Neubau: 10.000.000 |
Versorgungszentrum | Wasserschäden | >10.000.000 | Das Wasser wurde horizontal im Geschoss und vertikal über Schächte in alle darunter liegenden Geschosse verteilt |
Tab. 1: Kosten für fachgerecht durchgeführte Sanierungen von Schimmelschäden in Beispielprojekten, die in den letzten Jahren bearbeitet am Institut peridomus
In dieser Aufstellung nicht enthalten sind Rechtsanwalts-, Sachverständigen- und Gerichtskosten. Ebenso nicht enthalten sind merkantile Minderwerte, Schadensersatz, Mietausfälle und Schmerzensgeld. Die Übernahme der Schadens-/ Sanierungskosten durch den Verursacher bzw. dessen Versicherung ist nicht immer leicht durchsetzbar. Wesentlich sind deshalb grundsätzlich gut dokumentierte und mit entsprechenden mikrobiologischen Untersuchungen belegte „Schadensbilder“ incl. der zugrunde liegenden Bewertungsmethoden und Sanierungsempfehlungen.
4. Methoden der Prävention vor dem Hintergrund von Kosten und Häufigkeit von Schimmelschäden
Die grundsätzliche Voraussetzung für Präventionsmaßnahmen besteht darin, Schimmel als Risikofaktor zu erkennen. Die vorgenannten Beispiele zeigen, dass Umfang und Höhe von Schimmelschäden die wesentlichen Kosten- und Risikofaktoren bei der Errichtung eines Gebäudes und bei der Wohnungs- und Immobilienbewirtschaftung darstellen. Wegen der oftmals hohen Schadenssummen spielt die Schimmelvermeidung deshalb eine zentrale Rolle.
Folgende prinzipiellen Methoden der Schimmelprävention sind möglich und nötig:
- Integration der Schimmelthematik in die Hochschulausbildung und ganz allgemein in die Fortbildung der Bauschaffenden. Aus der Nachbearbeitung des letztjährigen
Würzburger Schimmelpilz-Forums hat sich ein interessanter Ansatz ergeben: Im Rahmen einer Sommerakademie bieten die drei Institutionen Donau-Universität Krems, Hochschule Mainz und Institut peridomus eine länder- und fachübergreifende Schimmelausbildung an. In den Lehrveranstaltungen der zwei einwöchigen Präsenzphasen werden theoretische und praktische Fertigkeiten incl. praxisnaher Vorgehensweisen vorgestellt. Eine Hausarbeit und die bestandene Prüfung runden die Fortbildung zum/ zur Schimmelbeauftragten ab. - Zur Vermeidung vorhersehbarer Schimmelschäden ist ein Feuchtemanagement bei jeder Baumaßnahme nötig: Von der Planung über die Ausführung bis hin zur Nutzung muss sich eine Person verantwortlich mit dem Thema „Feuchtigkeit“ beschäftigen und ggf. korrigierend in Planungs- und Bauabläufe eingreifen. Für andere Fachbereiche ist dies mit dem „SiGeKo“ bereits umgesetzt.
- Ist das Problem der Schimmelbildung durch ungenügendes Feuchtemanagement und Fachwissen erst einmal akzeptiert, werden sich innovative Neuerungen quasi von selbst ergeben: Die Entwicklung praxisnaher Denk- und Ausführungsmodelle zur Vermeidung von Schimmel in Innenräumen incl. des Einbezugs von Innenraumhygiene beim Bauen ist dann nur noch eine Frage der Zeit.
Für Neubauten hat sich Frau Foitzik bereits mit Präventivmaßnahmen beschäftigt (4): Sie unterteilt die Präventionsmaßnahmen in 2 Teilaspekte: Während der Rohbauphase und während der Ausbauphase:
1.1 Rohbau vor der Witterung schützen
1.2 Nicht sofort verbaute Materialien trocken lagern
2.1 Für ausreichende (Be-)Lüftung der Räume sorgen
2.2 Mit technischer Unterstützung trocknen
2.3 Generell sind die Herstellerangaben zu beachten
2.4 Die Materialfeuchten des Rohbodens und des Mauerfußes sind zu kontrollieren
2.5 Wassereinträge sind zu vermeiden
2.6 Bei Wasserschäden SOFORT handeln
2.7 Bauphysikalische Gegebenheiten beachten
2.8 Auf die Auswahl der verwendeten Materialien achten
Zusammenfassend sind schimmelwidrige Materialien und schadenstolerante Konstruktionen zu bevorzugen. Ausgewählte Beispiele zur Vermeidung von Schimmelschäden mit Detaillösungen für Fußbodenabdichtungen wurden bereits beim 3. Würzburger Schimmelpilz-Forum im Jahr 2013 vorgestellt (6).
5. Fazit
Durch Halbwissen, durch oberflächiges Arbeiten von vielen (Bau-) Sachverständigen und durch interessengeleitete Begutachtungen werden viele Schimmelschäden nicht erkannt oder in ihrem Umfang und Ausmaß unterschätzt. Kompetenzillusion, Komplexitätsreduktion und pseudofaktische Darstellungen sind weitere Themen, die beim übersehen von Schimmelschäden eine große Rolle spielen. Zudem werden beharrlich und regelmäßig subjektive Einschätzungen und persönliche Meinungen über (fehlende?) Zahlen, Daten und Fakten gestellt.
Mittlerweile werden immer öfter verdeckte Schimmelschäden nicht nur erkannt, sondern von Versicherungen und Gerichten entsprechend anerkannt. Die Hinweise verdichten sich, dass ein hoher Anteil des deutschen Gebäudebestandes einen relevanten Schimmelschaden hat, der die Raumluft und damit die Raumnutzer belastet. Betroffen sind primär die Hohlräume bzw. Dämmebenen von Dächern, Vorwandinstallationen, Ständerwände und Fußbodenkonstruktionen. Hinsichtlich verschiedener Feuchteursachen ist es nicht immer leicht, den Verursacher des Schadens eindeutig zu benennen.
Ist ein Schimmelschaden erkannt, sind regelmäßig extreme Aufwendungen für dessen fachgerechte Sanierung nötig. Wegen dieser hohen Schadenspotentiale besteht ein „Muss“ zur Prävention – und dies auf allen Ebenen: Von der Planung über die Ausführung und Bauleitung bis hin zur Aufklärung der Bauherrn (i. e. im Hinblick auf ausreichende Trocknungszeiten kann kein Gebäude innerhalb von wenigen Monaten fertiggestellt und bezogen werden).
Vor diesem Hintergrund sind folgende Methoden als Vorsorgemaßnahmen aus heutiger Sicht vielversprechend: Integration der Schimmelthematik in die Hochschulausbildung und verstärkt in die Fortbildung, Feuchtemanagement am Bau, Aufklärung der Bevölkerung und Entwicklung praxisnaher Denk-/ Ausführungsmodelle zur Vermeidung von Schimmel in Innenräumen, Einbezug der Innenraumhygiene beim Bauen.
Fazit: Wir können es uns als Gesellschaft nicht mehr leisten, Schimmel-/ Feuchteprävention bei unseren Gebäuden nicht zu leisten.
Literatur
(1) Führer G, 2013: Wo und wie häufig sind verdeckte Schimmelschäden zu erwarten? Tagungsband 3. Würzburger Schimmelpilz-Forum „Erkennen und Beseitigen von Schimmel im Neubau“
(2) Brasche S, Heinz E, Hartmann T, Richter W, Bischof W, 2003: Vorkommen, Ursachen und gesundheitliche Aspekte von Feuchteschäden in Wohnungen – Ergebnisse einer repräsentativen Wohnungsstudie in Deutschland, Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 46/8, 683-693
(3) Klaudusz T, 2012: Fokussierte Schadfaktor-Risikoanalyse, Master-Thesis Donau-Universität Krems
(4) Foitzik E, 2014: Risikoanalyse für Schimmel in Neubauten – Sanierungsprävention, Master-Thesis Donau-Universität Krems
(5) Küsters D, Zwiener S, 2011: Kleines Leck, große Wirkung, Deutsches Architektenblatt 11, 48-52
(6) Riedl B, 2013: Ausgewählte Sanierungs- und Vermeidungsbeispiele mit Detaillösungen, Tagungsband 3. Würzburger Schimmelpilz-Forum „Schimmel im Neubau und im Bestand“